Als die Fotografie erfunden wurde, war sie vor allem ein Medium, welches die Wirklichkeit auf eine realistischere Art abbilden konnte als die Malerei. Aber nicht immer sehen wir auf einem Foto das, was auch fotografiert wurde. Schon früh manipulierte man Aufnahmen durch Mehrfachbelichtungen und Retusche und verfälschte so die Realität.
Die Verwendung von Bildbearbeitungsprogrammen, Neuralfiltern und KI-Apps verwischt mittlerweile die Grenze von Realität und Virtualität. In den sozialen Netzwerken finden sich immer weniger nicht bearbeitete oder ungefilterte Fotos. Im Internet entsteht eine visuelle Parallelwelt, eine virtuelle Realität, mit einer ganz eigenen Ästhetik und einem Schönheitsverständnis, das in der Beauty- und Modefotografie ihren Ursprung hat.
Joachim Baldauf ist einer der Pioniere der digitalen Modefotografie in Deutschland. Schon Ende der 1990er Jahre wagte er erste Experimente mit Digitalfotografie und digitaler Bildbearbeitung.
In der Ausstellung „Schöner Schein“ präsentiert der Fotograf Arbeiten, die mit Irritationen spielen. Was ist real, was nur schöner Schein?
Er kann nicht hässlich. Der Modefotograf Joachim Baldauf zeigt Schönheit und Charakter. Baldaufs Bilder bringen zum Vorschein, was der deutsche Kulturkreis an Ästhetik, Schönheit, Charakter und Witz zu bieten hat. Ohne Scheu nutzt der gebürtige Allgäuer auch Stilelemente seiner süddeutschen Heimat und nicht selten war er damit dem Zeitgeist einen Schritt voraus. Als er 2002 junge Männer mit Rauschebärten für Modekampagnen fotografiert hat, war das noch ein Schock für die Modewelt. Joachim Baldauf hat für alle großen deutschen Magazine und viele internationale Hefte gearbeitet, Kampagnen für Modelabels konzipiert und ist an der Hochschule für Künste in Bremen als Dozent tätig. Bei Baldauf sind Stil und Menschlichkeit keine Widersprüche. Er nimmt beides ernst, nimmt den Menschen ebenso zur Kenntnis wie die Mode. Baldauf gibt seinen Modellen Raum und ist zugleich in jedem Foto selbst präsent. Trotz Anwendung modernster Technik und digitalem Know-how sehen wir in jedem seiner Portraits, in jedem Modefoto, was er sieht: den Menschen.